Interview mit Prof. Dr. Alexander Starke

Direktor der Klinik für Klauentiere an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und neuer Partner des WWZ-BD

 

 

 

 

 

Tierärzte aus Brasilien gehören seit Jahren zu den Stammgästen der Veterinärmedizinischen Fakultät der Uni Leipzig. Wie ist dieser enge Kontakt zustande gekommen?

Die erste Begegnung gab es 2002 in der Rinderklinik der Tierärztlichen Hochschule auf dem Welt-Buiatrikkongress der Tierärzte in Hannover. Nach dem Welt-Buiatrikkongress 2010 in Chile habe ich dann erstmals auch an den Veterinärmedizinischen Fakultäten in Curitiba, Paraná, in Brasilien Vorlesungen gehalten und Workshops durchgeführt. Seit 2012 empfangen wir regelmäßig brasilianische Tierärzte und Studierende an der Klinik für Klauentiere der Veterinärmedizinischen Fakultät. Die sind dann drei Monate oder länger bei uns in Leipzig. 2013 konnten wir auch den ersten Gastwissenschaftler aus Brasilien begrüßen. Inzwischen waren schon sieben brasilianische Professoren hier an der Fakultät. Ich nehme alle zwei Jahre am brasilianischen Rinderkongress teil. Die Beziehungen sind also schnell gewachsen und immer enger geworden.

Klingt ziemlich reibungslos. Keine Verständigungsschwierigkeiten – sprachlich oder auch fachlich?

Der Auftakt war relativ einfach, da die brasilianischen Kollegen, mit denen ich seit 2002 im Austausch stehe, alle in Deutschland promoviert hatten. Mit den Studierenden aus Brasilien und vor allem auch während meiner Aufenthalte in Brasilien fiel die Kommunikation anfangs schon etwas schwer. Auf der einen Seite fehlten die Portugiesisch-Kenntnisse, auf der anderen die deutschen Begriffe. Dann mussten wir uns mit Englisch behelfen. Die Versuche, die jeweils andere Sprache zu sprechen, sorgten öfter für Heiterkeit. Der gute Wille war jedenfalls immer da. Gestaunt haben die brasilianischen Gäste auch über manche Patienten unserer Klinik: Ein tretendes und spuckendes Lama, ein bissiges Alpaka oder ein Wagyu Bulle. Vor allem das Handling der Rinder unterscheidet sich deutlich zwischen Brasilien und Deutschland. So ist es dort häufig nicht ohne weiteres möglich, einen Wasserbüffelbullen eben mal in einen Klauenstand zu führen und auf die Seite zu legen oder eine endoskopische Zitzenchirurgie an einer Kuh vorzunehmen.

Gab es ein konkretes Ereignis, dass für ihre Zusammenarbeit mit Brasilien besonders wichtig war?

Im November 2016 war ich Mitglied einer Wissenschafts- und Wirtschaftsdelegation des Landes Sachsen, die mehrere Länder Südamerikas besucht hat. Geleitet wurde sie von Thomas Schmidt, dem Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft Sachsens. Während dieser Reise besuchten wir auch Südbrasilien. Bei den Gesprächen wurde mir klar, dass es nicht nur um Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit im engeren Sinne geht, sondern auch um Fragen zu Umweltdienstleistungen, Abwasserreinigung, Altlastensanierung, Boden- und Grundwasserschutz und Verwertung von Biomasse.

Also ein guter Markt für Mittelständler ...

Brasilien benötigt moderne Umwelttechnologie, technisches Know-how und spezielles Fachwissen. Das ist bei Mittelständlern in Sachsen durchaus vorhanden – auch zu den Themen Tiergesundheit und Tierwohl. In diesem Kontext können wir als Wissenschaftler und Veterinäre einen wichtigen Beitrag zu einer für beide Seiten vorteilhaften deutsch-brasilianischen Zusammenarbeit leisten.

In diesem Sinne ist auch Ihre Mitgliedschaft im WWZ-BD zu verstehen?

Genau. Ich verstehe das WWZ-BD als Netzwerk zur Förderung der Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern und bin überzeugt davon, dass wir mit Hilfe dieser Plattform noch viel bewegen können.

Interview: Wolfgang Wagner